von Vanessa Holer
Lesedauer: ca. 10 min.
Jedes Jahr steht der Weltfrauentag unter einem anderen Motto. Dieses Jahr lautete das Motto von UN-Women „Women in leadership: Achieving an equal future in a covid19 world“. In Anlehnung daran, fand am 08.03.2021 unsere erste, gemeinsam mit Club Alpbach Tirol und Juvenilia Club Innsbruck organisierte Paneldiskussion statt. Im Fokus stand dabei eine wichtige Facette von Leadership, die auch unsere Speakerinnen auszeichnet: Wissen. Wissen ist nicht nur wichtig für Gleichberechtigung, sondern auch für female leadership. Was ist überhaupt female leadership? Warum ist es wichtig? In welchen Bereichen kann es wie aussehen?
Um diesen Fragen nachzugehen, haben wir vier Speakerinnen aus unterschiedlichen Bereichen eingeladen, die sich im Folgenden kurz selbst vorstellen werden. Wer sind Sie? Was machen Sie? Wie sieht Ihre Forschung bzw. Ihre Arbeit aus? Und als Bonusfrage: Wie sind Sie eigentlich zu Ihrem Feld bzw. zu Ihrer Arbeit gekommen? Hat es hier eine bestimmte Erfahrung gegeben oder war es Zufall? Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich nun an diesem Punkt ihrer Karriere befinden, wo Sie sich auch für female leadership engagieren?
Ass.-Prof. Dr. Sarah Dingler: Guten Abend auch von meiner Seite und vielen Dank für die Einladung und die Organisation des interessanten Panels mit sicherlich ganz unterschiedlichen Perspektiven. Ich bin Assistenzprofessorin hier an der Universität Innsbruck und mein Forschungsbereich ist die empirische Geschlechterforschung, die an der Politikwissenschaft angesiedelt ist. Das heißt, ich interessiere mich vor allem für die Repräsentation von Frauen in ganz verschiedenen nationalen, aber auch lokalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament und untersuche, wann Frauen überhaupt in diese Position kommen und was passiert, wenn Frauen dann im Parlament sind. Hierbei beschäftige ich mich mit folgenden Fragen: „Verhalten sie sich anders als Männer, beispielsweise in Debatten im Parlament, in Abstimmungen, aber auch wenn sie Ministerinnen werden? Was passiert dann? Wie reagieren eigentlich die anderen Abgeordneten darauf, dass eine Frau Ministerin ist? Welche Art und Weise der Kontrollfunktion führt das Parlament aus, wenn eine Frau Ministerin ist? Wie sieht es im Vergleich dazu aus, wenn ein Mann eine ähnliche Position hat?“ Also kurz zusammengefasst kann man sagen, dass ich mich mit Frauen in der Politik beschäftige. Wann sind sie dort? Warum sind sie dort? Und was passiert eigentlich, wenn sie dort auf den vielen Ebenen sind?
Ich habe mich schon immer für Politik interessiert. Ich bin aber tatsächlich zu diesem Thema über Beate Zschäpe gekommen. Als nämlich damals die NSU-Prozesse aufgearbeitet wurden, fand ich es spannend zu sehen, dass sie sehr oft als Opfer dargestellt worden ist bzw. Frauen in eher rechteren Milieus als Opfer oder als Mitläuferinnen dargestellt werden, aber nie als eine handelnde Akteurin. Das hat mich sehr interessiert und deswegen habe ich meine Masterarbeit über Frauen in rechtsradikalen/rechtspopulistischen Parteien geschrieben. So habe ich mich noch mehr auf die Parteien fokussiert und dann meine Doktorarbeit über Frauen in Parteien geschrieben. Wann werden sie rekrutiert, um aktiv in Parteien teilzunehmen und vor allem Kandidatin zu werden?
Martina Burtscher, MA: Vielen Dank auch für die Einladung und dass ich heute dabei sein und von meinen Erfahrungen aus Sri Lanka erzählen darf. Ich habe gemeinsam mit Amanda Prifti die Organisation SeaSisters 2018 gegründet. Unsere Vision ist es, zu einer inklusiveren Surfcommunity beizutragen und dabei vor allem Frauen zu stärken. Warum haben wir das Projekt gestartet? In Sri Lanka ist es so, dass viele Frauen zwar am Meer aufwachsen, allerdings das Meer ein Lebensbereich ist, wo Frauen keinen Zugang haben. Die meisten Frauen haben nie zu schwimmen gelernt. Generell kann man sich das so vorstellen: Surfen und Surftourismus haben in Sri Lanka einen großen Stellenwert. Es fliegen jährlich tausende Touristen dorthin, um zu surfen. Obwohl sehr viele einheimische Männer ebenfalls surfen gehen, sind die meisten Frauen davon ausgeschlossen. Sie wachsen in einer Surfcommunity auf, in denen ihre Väter, Brüder und Cousins surfen und sind selbst aber kein Teil davon. Das hat oft verschiedene Gründe, die auf soziokulturelle Normen und geschlechtsspezifische Erwartungshaltungen zurückzuführen sind. Vor allem in ländlichen Gebieten ist es so, dass Frauen nicht wirklich im öffentlichen Leben präsent sind. Oft wird erwartet, dass sich Frauen zuhause aufhalten, um sich um den Haushalt und die Familie zu kümmern. Es gibt einfach wenig Möglichkeiten für Frauen, um surfen und schwimmen zu lernen. Ein weiterer Grund ist auch, dass es nur wenige einheimische Schwimmlehrerinnen gibt und Frauen eher von anderen Frauen lernen können.
Hier setzen wir mit Seasisters an. Wir haben nämlich ein Team an internationalen Schwimm- und Surflehrerinnen, die gratis Schwimm- und Surfunterricht den Frauen in Sri Lanka geben. Uns ist es sehr wichtig, dass wir einen safe space kreieren, in dem sich Frauen sicher fühlen und dass es für die Familien in Ordnung ist, dass ihre Frauen dort lernen. Das Projekt geht über das reine Zugang-Schaffen hinaus, indem wir versuchen, den Sport als Mittel für Empowerment zu nutzen.
Das ist auch, wie ich zu dem Projekt gekommen bin. Mein Hintergrund ist, dass ich internationale Entwicklung studiert habe. Im Rahmen meiner Masterarbeit, die ich über das Potential von Surfen für women’s empowerment geschrieben habe, bin ich für drei Monate nach Sri Lanka gegangen, um dort Feldforschung zu betreiben. Damals gab es nämlich eine Bewegung, dass die ersten Frauen mit dem Surfen angefangen haben. Es gab dazu dann Zeitungsartikel und ich habe mir gedacht, dass das sehr spannend wäre, darüber zu forschen, was wiederum aus meiner eigenen Erfahrung kommt. Ich bin nämlich seit 10 Jahren leidenschaftliche Surferin. Ich finde es schade, dass ich oft die einzige Frau im Wasser bin. Wenn ich dann Surferinnen treffe, dann haben die meisten sehr inspirierende Geschichten. So bin ich dann in Sri Lanka gelandet, um herauszufinden, inwieweit das Surfen zu women’s empowerment beitragen kann und musste feststellen, dass viele Frauen keinen Zugang dazu haben. Das Interesse am Surfen war zwar da, aber die Möglichkeit bestand leider nicht. Teilweise herrschte auch Widerstand gegen Frauen, die diesen Sport ausüben möchten. Als Follow-Up zu meiner Masterarbeit, bei der es viel um Barrieren ging, initiierte ich dann den ersten Frauenclub in Sri Lanka ein Jahr später. Dieser hat dann auch von der Regierung in Sri Lanka eine Auszeichnung für die Bemühungen erhalten, was mich riesig gefreut hat. Wenn man bedenkt, was die Ausgangslage vor vier Jahren war, dann sieht man, wie stark sich die Einstellungen gewandelt haben. Nach diesem Surfclub habe ich gemeinsam mit Amanda die SeaSisters als Folgeprojekt ins Leben gerufen.
Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr.techn Barbara Schneider-Muntau: Schönen Abend auch von meiner Seite. Ich freue mich sehr, heute hier sein zu dürfen. Vielen Dank für die Einladung! Kurz zu meiner Person: Ich bin habilitierte Geotechnikerin, das heißt ich bin von der Ausbildung her eine Bauingenieurin – eine von wenigen in unserem Arbeitsumfeld. Ich habe mich dann entschieden, eine wissenschaftliche Karriere anzustreben. Dazu bin ich an der Universität Innsbruck als Senior Scientist mit 30 Stunden pro Woche an der Fakultät für technische Wissenschaften angestellt. Ich mache zu selben Teilen Forschung und Lehre. Zusätzlich leite ich das geotechnische Labor mit drei permanenten Mitarbeitern. In meiner Forschung beschäftige ich mich an der Schnittstelle zwischen experimenteller und numerischer Geotechnik, das heißt ich mache Versuche im Labor für Geotechnik und untersuche hierbei vor allem Baugrundstabilität oder auch Naturgefahrenprozesse. Diese rechne ich dann mit Computern nach. Ich mache das natürlich nicht allein, sondern mit Dissertantinnen und Dissertanten, mit Masterstudentinnen und Masterstudenten, die in den Projekten von der Universität Innsbruck oder der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft finanziert werden. Ich engagiere mich seit ca. einem Jahr im AKG, also im Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen der Universität Innsbruck, weil es mir ein persönliches Anliegen ist, den Frauenanteil in technischen Berufen und auch den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen und möchte dazu meinen Beitrag leisten. Privat bin ich Mutter von zwei Kindern, die mittlerweile elf und vierzehn Jahre alt sind. Die beiden Kinder sind während der Dissertationen von meinem Partner und mir auf die Welt gekommen. Im Nachhinein war es eine stressige Zeit. Sie hatte Vor- und Nachteile. Die Vorteile: Während der Dissertationszeit hatten wir beide eine große zeitliche Flexibilität. So konnten wir uns wunderbar gegenseitig unterstützen, entlasten und die Zeit so aufteilen, wie wir wollten. Ein großer Nachteil war, dass eine Dissertation gegen Ende doch auch stressig werden kann, das heißt, es bringt auch Zeiten mit sich, wo man die Kinder oder die Familie nicht so oft sieht. Nachdem wir nicht gleichzeitig abgeschlossen haben, konnten wir uns die Zeit aber gut einteilen. Auch jetzt verfolgen wir das Ziel, uns beiden Karriere und Familie zu ermöglichen. Wir arbeiten beide nicht ganz Vollzeit und versuchen eine möglichst gleichmäßige Aufteilung der Kernarbeit. Mit meiner Karriere bin ich hoffentlich noch nicht am Ende angekommen. Ich habe noch vor, weiterzukommen und bewerbe mich aktuell auf Professorenstellen in meinem Fachbereich. Mal schauen, was daraus wird, ich bin bis heute jedenfalls schon zweimal in die engere Auswahl gekommen.
Wie bin ich dazu gekommen? Das hat sich schon sehr früh abgezeichnet. Schon als Kind hatte ich viel Spaß an Mathematik und hatte auch zum Glück niemanden in meinem Umfeld, der mir das abgesprochen hat oder mir erzählt hat, dass ich kein Mathe könne. Ich wurde da immer unterstützt. Keiner hat mir mein Interesse ausgeredet. Nach Abschluss der Schule war daher für mich sehr klar, dass ich Ingenieurswissenschaft studieren werde. Ich habe mich für die Bauingenieure entschieden, weil dort der Frauenanteil am höchsten war – damals noch mit 5 Prozent. Damit war er doch deutlich höher als beim Maschinenbau oder bei der Elektrotechnik, die sonst noch für mich in Frage gekommen wären. Es gab in meiner Laufbahn zwei Schlüsselmomente oder zwei Schlüsselpersonen, an die ich oft zurückdenke und die mir sehr viel ermöglicht haben. Die eine war meine Mathe-Lehrerin am Gymnasium, welche für mich ein Role Model war. Sie hat mich unterstützt und war immer ein Vorbild für mich. Während meines Studiums an der technischen Universität Darmstadt kam es zum zweiten Schlüsselmoment, weswegen ich mich für meine jetzige Spezialisierung entschieden habe und zur Geotechnikerin geworden bin. Die Geotechnik war damals der einzige Fachbereich mit Frauen in Dissertationsstellen. Das hat mich dann ermutigt, dass ich eine Dissertation anstrebe und dass das der richtige Weg für mich ist. Deswegen bin ich Geotechnikerin und keine Statikerin geworden, weil dort damals nur Männer als Statiker vertreten waren.
Assist.-Prof. Dr. Magdalena Flatscher-Thöni: Herzlichen Dank auch von meiner Seite für die Einladung. Ich freue mich sehr, dass ich den heutigen Abend mit so vielen Frauen, aber auch Männern verbringen kann. Das finde ich sehr toll. Ich glaube, es wird spannend und ich hoffe, es bleibt so spannend, wie es schon bei den einleitenden Worten der Speakerinnen war. Kurz zu meiner Person: Ich bin grundstämmig in der Ausbildung Juristin und Ökonomin und bin mittlerweile Assistenzprofessorin am Institut für Public Health an der UMIT, einer privaten Universität, in Hall. Ich bin aber organisatorisch und thementechnisch sehr stark an die rechtswissenschaftliche Fakultät in Innsbruck angebunden. Ich repräsentiere bei uns am Institut den Fachbereich Medizin- und Gesundheitsrecht, das heißt ich arbeite primär juristisch in dem Sinne vor allem was meine Lehre angeht. Im Forschungskontext bin ich doch stark in der Public Health Welt unterwegs. Alles, was wir in den letzten Monaten an Fachvokabular kennengelernt haben, wie Epidemiologen und Ansteckungsraten sind sozusagen mein daily business am Institut. Was hier sehr spannend ist, ist, dass es sehr viele Anknüpfungspunkte zum Rechtlichen gibt. Dieser Bereich nennt sich legal epidemiology, der auch im internationalen und globalen Kontext eine große Rolle spielt. Gleich wie meine Vorrednerinnen teile ich mir meine Arbeit zwischen Lehre und Forschung auf. In meiner Forschung stoße ich immer wieder auf neue Aspekte und neue Teilbereiche, wie das Thema, das ich heute vorstellen darf: Reproduktive Autonomie. Es ist ein Thema, mit dem ich mich aus rechtlicher, aber auch ethischer Sicht schon seit längerem beschäftige. Als reproduktive Autonomie bezeichnen wir in diesem Diskurs die Freiheit ein Kind oder auch kein Kind zu bekommen. Das heißt wir beschäftigen uns inhaltlich einerseits mit Themen wie den Zugang zu Verhütungsmittel oder zu Abtreibungen. Passend dazu wurde in den letzten Wochen und Monaten medial viel über die Diskussionen rund um die Neuregelung der Abtreibung in Polen und über die dafür relevante Verfassungsgerichtshofentscheidung berichtet. Das heißt das Thema Abtreibung und das Recht auf eine selbstbestimmte Entscheidung hinsichtlich einer Schwangerschaft stehen aktuell stark zur Diskussion – auch in europäischen Ländern. Das Recht bzw. diese Freiheit, kein Kind zu bekommen, ist ein Recht, auf das man weiterhin achten muss und das weiterhin stark diskutiert wird.
Ein zweiter Aspekt der reproduktiven Autonomie ist die Freiheit, ein Kind zu bekommen und damit verbunden kommen wir zum Thema der Fortpflanzungsmedizin und dem Recht der Fortpflanzungsmedizin. Damit verbunden sind Themen, die sich mit der individuellen Selbstbestimmung der Frau beschäftigen. Will ich Maßnahmen der reproduktiven Medizin für mich in Anspruch nehmen? Wie stellt sich das im Kontext meiner körperlichen psychischen Integrität dar? Wie akzeptabel sind die Maßnahmen für mich als betroffene Frauen? Wie akzeptabel sind die Maßnahmen für Frauen, die mir dabei helfen, eine Schwangerschaft zu etablieren, in dem sie Eizellen spenden? Damit bewegen wir uns in einem Kontext, der sich nicht ausschließlich auf die betroffene Frau als Patientin fokussiert, sondern auch Menschen (Frauen) miteinschließt, die einen Beitrag leisten, Schwangerschaften für andere zu ermöglichen.
Der dritte Aspekt, der aktuell diskutiert wird, ist das Thema Familie. Was verstehen wir heutzutage im Jahr 2021 vor dem Hintergrund der modernen Fortpflanzungsmedizin noch als Familie? Was bedeutet Mutter sein? Was bedeutet Vater sein? Mit diesem Thema beschäftige ich mich nicht nur aus rechtlicher, sondern auch aus einer ethischen und sozialen Sicht. In diesem Spannungsfeld der reproduktiven Autonomie befinde ich mich wissenschaftlich. Wie ich darauf gekommen bin, mich damit zu beschäftigen, war wirklich das, was man female Empowerment nennen kann. Ich habe mich immer wieder mit Kolleginnen, die ich seit Jahren schätze und die aus unterschiedlichen Fakultäten kommen, auf unserem gemeinsamen Weg ausgetauscht. Was finden wir interessant? Was finden wir spannend? Und daraus haben sich unterschiedliche Forschungsprojekt etabliert, die auch finanziell gefördert wurden. Das ist auch der Grund warum ich sozusagen immer nur in diesem Frauenverbund ganz tolle Geschichten bearbeiten kann. Das haltet uns Frauen, glaube ich, auch nachhaltig an unserem Thema.
Was ist für sie eigentlich female Leadership? Was bedeutet es für Sie und warum ist es wichtig? Man könnte sie doch alle als female leaders bezeichnen, weshalb es interessant wäre, ihre Perspektiven dazu zu hören.
Schneider-Muntau: Female Leadership bedeutet für mich persönlich hauptsächlich zwei Dinge. Das eine ist, Frauen in Führungspositionen zuzulassen, zu haben und diese auch sichtbar zu machen. Dieses Sichtbarmachen von weiblichen Führungspersonen ist zum Beispiel heute Abend der Fall. Zum anderen verstehe ich darunter, andere Führungsstile zu verstärken, wie zum Beispiel kooperative Führung oder partizipative Führung. Frauen neigen tendenziell zu anderen Führungsstilen als Männer. Der bekannteste Führungsstil bzw. das, was die meisten Menschen unter Führung verstehen, ist ja eigentlich die autoritäre Führung. Diese ist nicht die, die am ehesten zum Ziel führt. Bei der kooperativen oder partizipativen Führung werden nämlich gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Lösungen erarbeitet und Richtungen entwickelt. So können alle gemeinsam diese Lösungen suchen, tragen und weiterverfolgen. Bei der autoritären Führung werden die Richtungen von oben vorgegeben, was natürlich auf viel weniger Akzeptanz stößt. Also noch einmal zusammengefasst: Das Sichtbarmachen von Frauen in Führungspositionen und die Zulassung verschiedener Führungsstile sind für mich female leadership.
Dingler: Ich denke, es ist sicherlich ein großer Teil von female leadership, dass man es Frauen ermöglicht, solche Positionen überhaupt einzunehmen und auch eine Akzeptanz für diese zu schaffen. Aber ich finde female Leadership hat auch damit zu tun, ein Vorbild und eine Inspiration für andere zu sein – in dem Sinne, dass auch andere Frauen ihr Potenzial ausschöpfen können. Wir haben es auch in der Vorstellungsrunde gehört. Es gab viele Frauen in dem Leben der Speakerinnen, die heute hier sind, die eine große Rolle als Vorbild wissentlich oder nicht wissentlich eingenommen haben. Ich glaube, das ist auch ein wichtiger Teil von female Leadership. Dieser Begriff schließt die Aufgabe mit ein, für anderen Frauen da zu sein, eine beratende Funktion für andere einzunehmen oder als Mentorin zu agieren.
Burtscher: Also ich kann mich auf jeden Fall meinen beiden Vorrednerinnen anschließen. Für mich bedeutet female leadership auch eine Art neuer Führungsstil. Wir sagen dazu empathischer Führungsstil, der mir in meiner eigenen Führungsposition sehr wichtig ist. Es ist wirklich wichtig, auf unser Team einzugehen, die persönliche Weiterentwicklung zu fördern und dieses „Women empowering women“ zu leben. Natürlich spielen Vorbilder eine sehr wichtige Rolle und auch, dass man andere Frauen sieht, ist notwendig. Erst dann glaubt man, dass das auch für einen selbst möglich ist. Was ich noch ergänzen möchte, ist, dass ich es auch sehr wichtig finde, dass wir die Diversität unter Frauen fördern. Dazu brauchen wir einen intersektionalen Ansatz. Wir müssen gesellschaftliche Schichten, Sexualität, Klasse, Herkunft ebenfalls berücksichtigen und dabei die Diversität unter Frauen in Führungspositionen fördern. Je mehr Perspektiven miteingebracht werden, desto besser können wir uns in andere hineinversetzen.
Flatscher-Thöni: Es ist schon viel gesagt worden. Für mich bedeutet female leadership, dass man Verantwortung für das eigene Team übernimmt. Das sollte im besten Fall dazu führen, egal welche Geschlechtlichkeit das Team hat, dass man Menschen nach vorne bringt, dass man weiterkommt und dass man gemeinsamen wachsen kann. Ganz wichtig bei gleichzeitiger Anerkennung ist, dass man die Verantwortung für jemand anderen übernommen hat. Das ist ein wichtiger Punkt. Nochmal bezogen auf Frauen: Mir hat es geholfen, zu sehen, dass Frauen ihren Beruf wahnsinnig gern mögen, sehr viel Zeit und Energie investieren und gleichzeitig aber auch beispielsweise, wie Barbara erzählt hat, Kinder haben. Das eine ist die Entscheidung für oder gegen Kinder. Das andere ist aber natürlcih schon auch die Möglichkeit an Role Models zu sehen, dass es (mit oder ohne Kinder) nicht nur einen Weg gibt, sondern dass man viele Möglichkeiten hat, das Thema Privatleben (Familie) und Beruf zu vereinen. Ich werde oft von meinen Dissertantinnen oder Masterstudentinnen gefragt: Wie geht denn das, wenn man Kinder hat? Ist das überhaupt machbar und schaffbar? Auf diese Fragen eine allgemeingültige Antwort zu geben, ist schwierig. Wichtig erscheint mir die Möglichkeit, einen direkten Austausch mit anderen Frauen zu schaffen.
Fortsetzung folgt…