Donnerstag, Dezember 26

Women in Leadership – Knowledge is Empowerment Teil 2

Female Leadership ist ein sehr facettenreiches Konzept, welches auf verschiedene Bereiche und Lebenssituationen ausgelegt werden kann. Wir werden uns jetzt einem Bereich widmen, indem wir uns auf den internationalen, weltweiten Kontext und die Vorbildrolle der Eigeninitiative fokussieren. Laut UN Women sind weltweit 25 Prozent der parlamentarischen Abgeordneten nationaler Parlamente und 4 Prozent der weltweiten CEOs weiblich. Nur 22 Länder haben eine Frau als Staats- oder Regierungsoberhaupt. Hinzu kommen die Gender-Pay-Gap, geschlechtsspezifische Diskriminierung und Gewalt.

Frau Burtscher, Sie haben bereits erzählt, wie sie zur Gründung Ihrer Organisation SeaSisters gekommen sind und was sie dazu bewogen hat. Sie haben sich dadurch auch in eine Rolle als female Leader begeben. Was können Sie uns aus Ihrer Erfahrung erzählen? Gab es da bestimmte kulturelle oder geschlechtsspezifische Hürden für Sie? Wie war diese Zeit in einem fremden Land in Sri Lanka für Sie? Wo gab es Unterschiede zu Europa? Wie war es, eine Führungsposition dort einzunehmen?

Burtscher: Ich würde generell sagen, dass meine Rolle als Frau, auch meine Rolle innerhalb der Organisation sehr wichtig war, auch weil wir eine reine Frauenorganisation sind. Wenn ich ein Mann gewesen wäre, wäre es nie für mich möglich gewesen, die Organisation so zu gründen, wie wir sie aufgezogen haben. Insofern war das auf jeden Fall ein Vorteil und kam dann bei den Frauen sehr gut an, weil wir dadurch sehr schnell Vertrauen aufbauen konnten. Der Kontext, in dem unsere Organisation gegründet wurde, ist ein besonderer. So ist Sri Lanka ein sehr patriarchalisch geprägtes Land. Natürlich gibt es Herausforderungen, allerdings habe ich diese in meiner eigenen Rolle gar nicht so stark wahrgenommen. Es ist viel schwieriger für die Frauen in Sri Lanka in Führungspositionen zu kommen, wenn man den ganzen Kontext, die gesellschaftlichen Erwartungshaltungen usw. berücksichtigt. Was waren kulturelle Herausforderungen für mich? Ich bin quasi neu im Land gewesen. Ich habe zweieinhalb Jahre in Sri Lanka gelebt, spreche aber nicht die Landessprache bzw. eher schlecht. Deswegen haben wir mit einer Übersetzerin gearbeitet. Für mich war das natürlich alles eine neue Erfahrung. Ich kannte gewisse Normen und Traditionen nicht, was teilweise eine Herausforderung darstellte. Trotzdem haben wir immer versucht, gemeinsam mit den einheimischen Frauen zu arbeiten und lokales Leadership zu fördern. Dass das gemeinsam geschieht, ist, so glaube ich, gerade im Kontext von internationaler Entwicklung sehr wichtig. Man sollte nicht diesem white saviourism verfallen: Dass man als weiße Person kommt und man glaubt man rettet jetzt die Frauen. Es ist natürlich in einem postkolonialen Kontext zu sehen. Wir retten nicht die Frauen, sondern arbeiten gemeinsam an einem Projekt und fördern lokales Leadership. Ich glaube, es ist teilweise ein schmaler Grat, wie man auch über das Projekt spricht. Dass die Frauen dann nicht als Opfer dargestellt werden dürfen, sondern auch aktive Gestalterinnen sind. Gleichzeitig möchte man aber auch auf die Missstände aufmerksam machen. Das habe ich persönlich immer wieder als Schwierigkeit empfunden, wie man das Projekt kommuniziert. Wie kann ich auf Missstände aufmerksam machen, ohne die Frauen dabei zu stereotypisieren, zu generalisieren oder im schlimmsten Fall als Opfer darzustellen? Das sind die Herausforderungen, die mich immer wieder in meiner Arbeit beschäftigen. Wenn wir nochmal auf die politischen Missstände in Sri Lanka zurückkommen, so lässt sich dort eine recht interessante Situation wiederfinden. Es war zum Beispiel so, dass in Sri Lanka die erste Premierministerin der Welt gegeben hat. Sie wurde 1960 gewählt. Allerdings wenn wir uns anschauen, wieviel Prozent Frauenanteil es im nationalen Parlament gibt, so liegen wir bei nur 5 Prozent. In dem Kontext, in dem die Frauen heutzutage leben, ist es auf jeden Fall schwierig, überhaupt in Führungspositionen reinzukommen.

Frau Prof. Dr. Dingler, wir würden einen kurzen Sprung rund um den Globus nach Europa zurück machen. Sie beschäftigen sich ja mit der Repräsentation von Frauen in der Politik. Welche Faktoren kommen hier zum Tragen? Und können Sie von dem, was Sie bereits von Frau Burtscher gehört haben, Parallelen finden?

Dingler: Das ist tatsächlich auch eine sehr umfangreiche Frage und ich glaube, ich könnte darüber jetzt auch sehr lange einen Vortrag halten. Es gibt natürlich sehr viele unterschiedliche Faktoren, die beeinflussen, inwiefern Frauen die Möglichkeit haben in der Politik zu sein oder dann auch Leadership-Position einzunehmen. Kulturelle Aspekte sind definitiv ein Faktor, der hier mit reinspielt. Auch die Akzeptanz, inwiefern es akzeptiert wird, dass Frauen bestimmte Rollen einnehmen, ist ein Faktor. Dann gibt es noch institutionelle Faktoren, wie beispielsweise die Art und Weise, wie gewählt wird. Diese hat einen großen Einfluss darauf, ob Frauen in Parlamente vertreten sind. Das andere ist natürlich auch die Ambition von Frauen. Wir wissen aus der Forschung, dass Frauen weniger politische Ambitionen haben als Männer. Das ist schon ganz früh sichtbar. Wenn wir uns Umfragen zwischen jungen Studierenden anschauen, da sehen wir schon eine Gap zwischen Männern und Frauen. Oft trauen sie sich eine politische Laufbahn nicht zu. Das ist das eine. Das andere ist, das Frauen oftmals einfach nicht die Möglichkeit dazu bekommen. Einerseits werden Frauen nicht so von Parteien angesprochen, wie man das sollte, um diese rekrutieren zu können. Ein klares Beispiel ist: in den Diskussionen auf der lokalen Ebene gibt es kaum Frauen, die kandidieren wollen. Wenn man dann nachfragt: „Wo haben sie denn nach Kandidaten gesucht?“, und man dann als Antwort: „Naja im Fußballverein habe ich mal gefragt.“, dann ist es einfach klar, dass die Rekrutierung von Frauen schwieriger wird. Wir wissen aus der Forschung, dass Frauen anders auf solche Anfragen reagieren. Aber auch Frauen, die eigentlich gerne kandidieren wollen, werden oft auf Listenplätze oder in den Wahlkreisen gesetzt, die keine Chance haben, gewählt zu werden. Wir sehen häufig, dass ein bisschen Commitment zwar da ist, indem gezeigt wird, dass Frauen gebraucht werden. Nur sind Frauen dann oft auf Positionen, die keine wirkliche Wahlchance haben. Was wir einfach definitiv wissen, ist, dass es nicht die Schuld der Wählerinnen und Wähler ist. Wenn wir ähnlich qualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten auf einem ähnlichen Listenplatz oder in einem ähnlichen Wahlbezirk haben, dann sind es nicht die Wählerinnen, die sich eher für den Mann entscheiden. Hier finden wir einfach keinen Effekt in diesem Fall. Entsprechend gibt es sicherlich kulturelle Aspekte, die unterschiedlich sind und die es begünstigen, inwiefern Frauen politisch aktiv sein können. Haben sie die Chance dazu? Wollen sie es auch? Und trauen sie sich das überhaupt zu? Das hängt damit sicherlich zusammen. Aber es sind auch ganz viele strukturelle Faktoren, die da mitspielen. Zusätzlich kommt es auf den Willen von Politikerinnen und Politikern an, dass Frauen die Möglichkeit haben, ein politisches Amt anzustreben, wenn sie das möchten.

Wir haben bereits von Repräsentationen und Leadership gesprochen und spannen den Bogen weiter zur Wissenschaft. Heute ist der Weltfrauentag und am 11. Februar ist der International Day of Women and Girls in Science, der ebenfalls von den Vereinten Nationen organisiert wird. Die Mint Fächer sind nach wie vor stark männlich dominiert. Laut UN-Women sind weltweit weniger als 30 Prozent der Forschenden weiblich. In Österreich liegt der Anteil an Absolventinnen eines PhD-Studiums bei nur 42,3 Prozent. Bei den Mint Fächern reduziert sich dieser Absolventinnenanteil auf dem PhD-Niveau auf 29,5 Prozent. Unsere Speakerinnen haben bereits in der Vorstellungsrunde schon ähnliche Aussagen dazu getätigt, v.a. Frau Prof. Dr. Schneider-Muntau als sie von dieser sehr geringen Prozentzahl bei der Wahl ihres Fachbereichs gesprochen hat. Die erste Frage des Wissenschaftsbereichs richten wir an Prof. Dr. Flatscher Thöni. Wie wir schon gehört haben, setzen Sie sich mit einem breit aufgefächerten Feld auseinander. Sie haben eine Studie zur Samen- und Eizellspende in Österreich herausgebracht. Das ist ein Thema, das vielleicht viele von uns gar nicht so auf dem Schirm hatten. Der rechtliche Hintergrund dieses Projektes ist sehr spannend. So ist in Österreich die Samenspende seit 1992 legal und die Eizellenspende erst seit 2015. Warum ist das so? Welche soziokulturellen Faktoren beeinflussen das? Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Haltung zu Spenden?

Flatscher-Thöni: Es ist ein großes Feld, aber ich versuche, die Fragen so konkret wie möglich zu beantworten. Wir haben seit 1992 in Österreich das Fortpflanzungsmedizingesetz. Mit diesem Gesetz wurde die Samenspende legalisiert, die weibliche Gametenspende, also die Spende von Eizellen, wurden nicht erlaubt. Der Gesetzgeber musste diese Entscheidung begründen, weil es sich faktisch um eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau handelt. Die hierfür relevanten Materialienbeinhalten drei Hauptargumente. Erstens sei der technische Aufwand für die Eizellenspende zu hoch. Es liegt uns allen verständlich, wie Samenspenden zustandekommen. Das Spenden von Eizellen setzte allerdings eine hormonelle Stimulation der Spenderin voraus und darauf aufbauend die Eizellentnahme, die Punktion, ein invasiver Eingriff, der unter Narkose (Schmerzlinderung) stattfindet. Der historische Gesetzgeber spricht hier von einem hohen technischen  Aufwand, vernachlässigt wird allerdings das potentielle medizinische Risiko für die Spenderin, das sowohl in der hormonellen Stimulation, wie auch durch die Entnahme verwirklich werden kann. Zudem spricht der historischer Gesetzgeber  auch davon, dass man sich durch eine Eizellenspende von der natürlichen Schwangerschaft komplett verabschiedet. Das finde ich sehr spannend, weil daraus die Frage resultiert: Was ist natürlich und was ist nicht natürlich? Das zweite Argument, das der historische Gesetzgeber gegen die Eizellenspende anführt,  ist die unnatürlichen Beziehung zwischen dem Kind, seiner tatsächlich gebärenden Mutter und der Eizellenspenderin kommen kann. Dieses Argument ist bis heute absolut nicht tragend bei der Samenspende und der Beziehung zwischen Vater, Samenspender und Kind. Die genetische Verwandtschaft ist offensichtlich nur für Frauen ein Argument. Als drittes Argument wird die Möglichkeit angeführt, dass es zu einer Ausbeutung der Frauen bei der Spende von Eizellen kommen kann.  Mit anderen Worten, hat der Gesetzgeber abschließend das Verbot noch mit einem Ausbeutungspotenzial argumentiert, da es grundsätzlich die Möglichkeit gäbe, dass Frauen aufgrund ihrer schwachen ökonomischen Situation hinsichtlich der Eizellenspende ausgenutzt werden, beispielsweise wenn eine Eizellenspende nicht unentgeltlich, sondern gegen Entgelt abgewickelt wird. Der historische Gesetzgeber hat damit in den Materialien zur Fassung aus 1992 sehr stark für eine Ungleichheit zwischen Mann und Frau argumentiert. Basierend auf gesellschaftpolitischen Argumenten, wie auch verfassungsrechtlichen Bedenken kam es allerdings  2015 zu einer gesetzlichen Angleichung von Ei- und Samenzellenspenden im Regime des FMedG, sodass seit 2015 Eizellenspenden in Österreich (unter gewissen Bedingungen) erlaubt sind. Damit wurde die unterschiedliche Behandlung von männlichen und weiblichen Gameten hinsichtlich einer Verwendung für eine medizinisch unterstütze Fortpflanzung zumindest im Prinzip beseitigt.
Ich möchte noch kurz auf Ihre zuletzt angehängte Frage eingehen, ob es einen Unterschied in den Motiven gibt. Warum spenden Männer und Frauen potenziell oder tatsächlich ihre Ei- oder Samenzellen? Der Frage nach den Motiven potenzieller Spender und Spenderinnen sind wir ausführlich in einer eigenen empirischen Studie nachgegangen. Interessanterweise gibt es Geschlechteruntschiede in der Motivforschung zur Spendebereitschaft. Männer spenden ihre Samen primär deshalb, weil sie ihre Gene weitergeben wollen. Die genetische Nachhaltigkeit wird von Männern als Hauptmotiv genannt. Bei Frauen ist es tatsächlich ein altruistischer Moment. Sie wollen Frauen bzw. Paaren mit ungefülltem Kinderwunsch helfen. Damit verbunden wird auch ein erhöhter Selbstwert als Motiv genannt.

Doktor Schneider-Muntau, Sie engagieren sich ja auch bei Femtech und bei der AKG der Universität Innsbruck. Was ist Femtech und was macht man da, wenn man als Expertin angeführt ist? Wie sehen ihre Erfahrungswerte als Bauingenieurin in Innsbruck? Was hat sich verändert?

Schneider-Muntau: Femtech ist ein Netzwerk für Frauen, bei dem sich Frauen gegenseitig stärken und vernetzen können. Bei Femtech geht es viel um das Sichtbarmachen von Frauen. So wird zum Beispiel jeden Monat die Expertin des Monats gewählt, die dann erweiterte Sichtbarkeit bekommt. Es geht eigentlich darum Frauennetzwerke zu bilden. Männernetzwerke sind weit verbreitet, so muss man nur an Burschenschaften denken. Die können sich schon historisch bedingt sehr gut vernetzen und gegenseitig fördern. Frauen sind dabei deutlich schlechter und deswegen werden solche Frauennetzwerke auch gegründet. Außerdem engagiere ich mich noch im AKG. Das ist der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen der Universität Innsbruck. Ein solcher Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen ist in jeder österreichischen Universität einzurichten. Es gibt ihn deswegen an jeder Uni und ist der erste Ansprechpartner, wenn es zur Diskriminierung kommt. Diese Diskriminierung kann aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, der Religion oder auch der Weltanschauung sein. Es gibt alle möglichen Diskriminierungsgründe, bei denen der AKG dann aktiv werden kann, wenn man ihn über die Diskriminierung informiert. Neben der Gleichbehandlung ist natürlich auch noch die Frauenförderung gesetzlich verankert und das ist besonders in den Bereichen wichtig, in denen wenig Frauen vorhanden sind. Sei es aufgrund des Fachgebietes, wie es bei mir der Fall ist oder sei es auch aufgrund der Position. Es ist weithin bekannt, dass nach oben hin die Frauenquote immer dünner wird. Das sieht man auch an den Zahlen, die sie vorhin angeführt haben. In unserer Fakultät der technischen Wissenschaften haben wir 17 Prozent an Studentinnen. Hier wäre es schon interessant, diesen Frauenanteil zu steigern, also dass man einen höheren Anteil an Studentinnen bekommt, weil technische Berufe zu einem sicheren und gutbezahlten Job führen. Das wäre auch im Interesse der Frauen hier einen höheren Anteil an Frauen zu haben. Wenn wir uns eine wissenschaftliche Karriere bei uns anschauen, so haben wir einen Frauenanteil auf Dissertantinnen-Niveau von 20 Prozent, auf Post-Doc-Niveau fallen die Frauen wieder auf 17 Prozent. Das ist an sich schon mal gar nicht so schlecht, weil wir mit 17 Prozent auf dem Post-Doc-Niveau den Anteil an Frauen haben, der auch dem Anteil an Studentinnen entspricht. So gesehen haben wir keinerlei Verluste in unserer Fakultät, was nicht überall der Fall ist. Es gibt durchaus Fakultäten oder Bereiche, in denen das deutlich extremer ausfällt. Wie schaut es oberhalb des Post-Doc-Niveaus aus? Hier ist es sehr spannend. Wenn man alle Professorinnenstellen bei uns zusammenzählt, also auch Assistenzprofessorinnen und auch assoziierte Professorinnen dazuzählt, so kommen wir dann auf 3 Prozent. Das ist ein sehr geringer Frauenanteil. Bei uns an der Fakultät ist das genau eine einzige Professorin, die wir haben. Man kann dann leicht sagen: Ja das wird sich rauswachsen. Wir haben eh einen Anteil von 17 Prozent auf Post-Doc-Niveau. Wenn man sich aber die Stellen dafür ansieht, die für den nächsten Karriereschritte angedacht sind, dann sind das die Laufbahnstellen. Diese sollten dann automatisch in eine Professur führen. Bei uns an der Fakultät gibt es keine einzige Frau, die auf einer Laufbahnstelle sitzt. Es sieht jetzt nicht so aus, dass es in naher Zukunft zu einer deutlichen Änderung der Frauenquote kommt. Da ist noch deutlich Luft nach oben und die Frauenförderungsmaßnahmen greifen in unserem Fachgebiet anscheinend nicht stark genug. Dann möchte ich auch gerne auf das Statement von Frau Dingler nochmal zurückkommen. Es ist meiner Meinung nach sehr wichtig, geeignete Frauen direkt anzusprechen. Dadurch kann man viel erreichen, sodass sich Frauen auch auf höherwertige Posten bewerben, selbst, wenn sie sich das vielleicht im ersten Augenblick gar nicht zutrauen. In Österreich gibt es ein Verzeichnis aller habilitierten Frauen. Die Frauen, die in diesem Verzeichnis angeführt sind, könnte man direkt anschreiben, wenn es um die Besetzung von Professuren geht. Ich möchte mich da selbst gar nicht raus neben. Mir ist es vor kurzem ganz ähnlich gegangen. Es ging darum, Speaker für eine Konferenz einzuladen. Damals habe ich mir überlegt, wer thematisch gut reinpassen würde und hatte dann eine Liste mit ausschließlich Männern zusammengestellt. Als ich darauf angesprochen wurde, dass die Liste vielleicht doch ein bisschen einseitig ist, wurde mir das erst bewusst. Das ist mir passiert, obwohl ich eigentlich in diesem Bereich sensibilisiert bin. Ich habe dann nochmals nachgedacht und mir sind durchaus sehr viele geeignete Frauen eingefallen. Das ist genau die Falle, in die man oft tappt. Adhoc denkt man vor allem an Männer, gerade im technischen Bereich, weil sie oft mehr reden und auffälliger sind. Wenn man sich dann nur ein paar Minuten mehr Zeit nimmt, um nachzudenken, fallen einem genauso viel gut geeignete Frauen ein. Diese muss man direkt ansprechen, auf Positionen einladen und als Sprecherinnen für Tagungen anfragen.

Zu diesem Thema möchten wir eine spannende Publikumsfrage in den Raum werfen. Publikum: Erstmals vielen Dank, dass sie alle hier sind.  Die Diskussion ist sehr spannend und meine Frage passt in diesen Bereich gut dazu. Mich würde interessieren, wie sie, auch als Frauen in Führungspositionen, zu einer verpflichtenden Frauenquote in Unternehmen stehen. Ist es eine gute Idee, eine solche Quote einzuführen oder stimmen Sie den Gegenargumenten, die man oft hört, eher zu?
Allgemeiner gefragt: Sind Sie für eine Frauenquote bei Verfahren an der Universität oder auch in der Politik?

Dingler: Ich glaube, was wir in den letzten Jahren gesehen haben, ist, dass wenn wir nichts tun, dann passiert auch nichts. Das wurde ebenfalls von den Vorrednerinnen kurz angesprochen. Lange Zeit war die Vermutung vorherrschend, dass wenn wir abwarten, bald schon mehr Frauen in die Parlamente bzw. mehr Frauen in Führungspositionen kommen, weil immer mehr weiblicher Nachwuchs nachkommt. Wir sehen in vielen Studien, dass das leider so nicht ist. Wir sehen es in unserem Alltag. Es wurden vorhin Zahlen dazu genannt und auch darauf eingegangen. Es wäre natürlich schön, wenn es ohne eine Quote gehen würde. Wenn beispielsweise das Ziel sein soll, dass 50 Prozent der Abgeordneten Frauen sind, dann brauchen wir eine verpflichtende Quote. Ohne diese funktioniert das nicht, was wir in ganz vielen Parlamenten und Bereichen beobachten können. Wir haben viele Parteien, die eine freiwillige 30-Prozent-Quote haben. Warum diese bei 30 Prozent liegt, ist unklar. Natürlich gibt es oft auch freiwillige Quoten und freiwillige Maßnahmen, diese haben aber nicht den Effekt, den sie eigentlich haben sollten. Deswegen sind verpflichtende Quoten wichtig, wenn das Ziel sein soll, dass 50 Prozent der Führungspositionen bzw. 50 Prozent der Abgeordneten Frauen sein sollen. Anders geht es offensichtlich nicht. Es sind noch zu viele Barrieren vorhanden und man kann nicht darauf warten, dass sich der Nachwuchs irgendwann ändert, weil zu viele, auch informelle Hürden existieren, unabhängig davon, ob es genug Frauen gibt, die dafür qualifiziert wären. Die gibt es definitiv, es ist nur die Frage, ob man ihnen auch die Möglichkeit eröffnet, zum Zug zu kommen. Ich denke, wenn das Ziel ein solches ist, dann brauchen wir verpflichtende Quoten.

Schneider-Muntau: Ich würde da gerne zustimmen. Ich bin auch eine Befürworterin der Quote, weil ich auch glaube, dass eine Veränderung ohne Quoten viel zu langsam stattfinden würde. Es gibt die Aussage: Wenn sich die Frauenquoten in der Geschwindigkeit, die wir jetzt haben, ändern würde, dann würde es ohne regulierende Maßnahmen noch 2000 Jahre dauern bis wir einen Ausgleich haben. Das ist eine lange Zeit, die nicht jede von uns warten möchte. Was ich nämlich als Schwierigkeit hierbei sehe, ist, dass bei einem Besetzungsverfahren immer das Selbstähnlichkeitsprinzip zum Tragen kommt. Das heißt, man bevorzugt eigentlich solche Kandidatinnen bzw. Kandidaten, die einem ähnlich sind. Das kann entweder aufgrund einer ähnlichen Sprechweise oder Denkweise sein. Dazu gehört natürlich auch das Geschlecht. Wenn man das nicht reguliert, glaube ich, dass wir sehr lange warten müssen, bis sich das von alleine einstellt.

Flatscher-Thöni: Ich kann mich dem inhaltlich nur vollends anschließen. Es geht nicht ohne Quote, wie wir gesehen haben. Das heißt, wir brauchen eine Quote, ansonsten wird sich nichts ändern. Das ist mittlerweile ein sicheres Faktum.

Burtscher: Da möchte ich mich auch absolut anschließend. Ich bin ebenfalls für die Quote, sowohl in der Politik als auch in Unternehmen. Wenn wir uns anschauen, wie viele Frauen in Aufsichtsräten sitzen, dann wird es auf jeden Fall Zeit für eine Frauenquote. In Sri Lanka wurde auf dem lokalen Level in der Politik eine Frauenquote eingeführt mit 25 Prozent in local governments. Es hat sich dann wirklich drastisch verstärkt, dass Frauen jetzt zumindest auf lokaler Ebene in Führungspositionen gekommen sind. Also ich bin definitiv für die Quote!

Fortsetzung folgt…

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