Donnerstag, Dezember 26

Im Fokus: Gustav Mahler

von Vanessa Holer
Lesedauer: ca. 5 min

Der Musikwissenschaftler Prof. Celestini beschäftigt sich u.a. mit verschiedenen Epochen, wobei sein wissenschaftlicher Hauptfokus auf der Wiener Klassik (also Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven) und der Wiener Moderne (Gustav Mahler, Arnold Schönberg, Anton von Webern, Alban Berg, Alexander von Zemlinsky etc.) liegt. Im Makademia-Interview begeben wir uns auf die Spuren eines besonderen Musikers der letzteren Phase, zu dessen Ehren kürzlich eine eigene Forschungsstelle gegründet wurde – Gustav Mahler.

Breites Feld – kleines Fach an der Universität

Jeder Mensch ist täglich mit Musik konfrontiert. Egal ob Profi oder während der Arbeit, Musik begleitet uns immer. Die Musikwissenschaft zeichnet sich durch ihre Interdisziplinarität aus. So knüpft die Musikwissenschaft häufig an andere Disziplinen an, von Philosophie über Geschichte oder gar Soziologie.  Wie kann Musik zur Bildung von kollektiven und kulturellen Identitäten beitragen? Wie kann man durch die Musik bereits vorhandene Identitäten in Frage stellen oder kritisieren? Wie sieht die Interaktion zwischen Visuellem und Akustischem aus? „Wenn wir ein Instrument spielen oder dirigieren, sind wir fast immer auch visuell tätig. Wir produzieren dann auch Bilder, während wir Musik hören. Diese Verbindung zwischen unterschiedlichen Medien, diese Intermedialität, finde ich sehr spannend. Mit verschiedenen Klängen verbindet man genauso Worte. Die Aufgabe der Wissenschaft ist es also unter anderem auch, dieser Verknüpfung auf den Grund zu gehen“, erklärt der Musikwissenschaftler. Die Musikwissenschaft beschäftigt sich bei der systematischen Erforschung mit unterschiedlichen Zusammenhängen. Welche Rolle spielt die Musik in unserem Leben? Dazu meint Prof. Celestini: „Man kann nicht über Musik forschen, wenn man sie nicht kennt und nicht weiß, wie die Musik funktioniert. Dazu gehört es ebenso, dass man sich mit den verschiedenen Stilen und Perioden der Musikgeschichte auskennt.“ Das Spektrum der möglichen wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Musik ist enorm: von Kunstmusik über jegliche Formen von Popularmusik oder in Kombination mit kulturellen Faktoren.

Die Gustav Mahler Forschungsstelle – wieso eigentlich in Toblach?

Gustav Mahler war ein wichtiger Komponist der Wiener Moderne. Als Komponist jüdischer Herkunft in einem slawischen Land in einer deutschsprachigen Enklave aufgewachsen zu sein, bietet eine Menge an möglichen Themen, die man im Zusammenhang mit dieser Person erforschen kann. Er war nicht nur Komponist, sondern auch Dirigent und Kapellmeister an der Hofoper. Bedingt durch seinen Beruf war er mit dem Dirigieren befasst und für die Opernaufführungen und symphonische Konzerte zuständig. „Natürlich kommt man dann nicht zum Komponieren, wenn man sich ständig anderwärtig mit der Musik befasst. So konnte er fast ausschließlich im Sommer, wenn er auf Urlaub war, komponieren“, führt Prof. Celestini an. „Dazu hat er sich schöne Orte in den Bergen ausgesucht. Toblach war aufgrund der infrastrukturellen Verbindung durch die Südbahn gut erreichbar, weshalb dort wirklich bedeutende Werke entstehen konnten.“ Welcher Ort wäre also nun besser für eine Beschäftigung mit Gustav Mahler geeignet?

Forschungsstelle in Toblach

Die Idee zur Forschungsstelle entstand während der Mitarbeit in den Gustav Mahler Musikwochen in Toblach.  „Dann haben die Kollegin Milijana Pavlović und ich begonnen, Konferenzen und Workshops zu organisieren. Wir sind immer ambitionierter geworden und haben beschlossen, dass wir eine Forschungsstelle in Toblach errichten wollen. Das hat gut geklappt, weil uns die Universität Innsbruck einerseits und die Stiftung Euregio-Kulturzentrum Gustav Mahler Toblach-Dolomiten in Toblach andererseits sehr unterstützt haben“, erzählt uns Prof. Celestini. Durch die Forschungsstelle soll Toblach als Ort der Begegnung dienen, sodass auch regelmäßige Treffen von Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Welt angedacht sind. 

Mehrwert für Studierende

Die Forschungsstelle bietet MusikwissenschaftlerInnen die Möglichkeit, gemeinsam mit MusikerInnen zusammenzuarbeiten. Nächstes Jahr ist ein Symposium angedacht, bei dem verschiedene mediale Perspektiven, z.B. von Film über Audio-Recordings, miteinbezogen werden, sowie eine Konferenz über die kompositorische Rezeption Gustav Mahlers im 20. und 21. Jahrhunderts.  Zusätzlich werden junge KollegInnen miteingebunden, welche Kontakte zu anderen KollegInnen knüpfen. „Wir haben aber auch Projekte, bei denen die Master- und Bachelorstudierenden mitmachen. Die Studierenden finden in der Forschungsstelle in Toblach konkrete berufliche Perspektiven, da die Veranstaltungen und Festivals ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich sind. So können sie im Rahmen von Auftritten vor größerem Publikum beispielsweise Erfahrungen machen, die ihnen in ihrem späteren Beruf nutzen“, so Prof. Celestini. Durch die Öffentlichkeit kann auch eine andere Art des Dialogs zwischen WissenschaftlerInnen und der Gesellschaft entstehen. So können beispielsweise unterschiedliche Einstellungen zur Musik oder kulturelle Dimensionen besprochen werden. Der Musikwissenschaftler sieht  einen weiteren kultur-politischen Aspekt an: „Durch diese Projekte werden die Beziehungen zwischen Nordtirol, Südtirol und Italienintensiviert und vertieft.“

„Allerdings ist es eine Herausforderung, mit einer breiten Öffentlichkeit in Kontakt zu treten. Man muss bedenken, in einer verständlichen Sprache zu kommunizieren, ohne aber die Inhalte zu verlieren. Das ist gar nicht so leicht!“, lacht der Musikwissenschaftler.

Weiterführende Links:

Gustav-Mahler-Zentrum:
https://mahler-centre.net/

Kulturzentrum Toblach:
https://www.kulturzentrum-toblach.eu/de/willkommen-bei-uns-1.html

Institut für Musikwissenschaft:
https://www.uibk.ac.at/musikwissenschaft/

Gustav Mahler Musikwochen:
https://www.kulturzentrum-toblach.eu/de/kulturprogramm/gustav-mahler-musikwochen-1223.html

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